Die Geschichte des Steinbruchs „Loreley“ in Verbindung mit der Familie Lütgehetmann aus Sicht des heutigen Inhabers
Der Steinbruch befindet sich auf einem Grundstück an der Herbeder Straße in Witten, direkt an der Ruhr. Den Spitznamen „Loreley“ bekam der Steinbruch, der seit ca. 100 Jahren besteht, von einem felsigen Kopf der sich unmittelbar über der Straße erhob, eben wie der bekannte Loreleyfelsen am Rhein. Der ragende Felsen ist schon seit Jahren abgebrochen.
Wilhelm Lütgehetmann junior, mein Opa, kaufte das Gründstück, auf dem sich der Steinbruch für Ruhrsandstein befindet, dem Holzhändler Friedrich Stratmann im Oktober des Jahres 1928 ab. Der Kaufpreis betrug 2.700 Goldmark. Im Jahre 1929 kündigte mein Opa das noch bestehende Pachtverhältnis mit Adolf Winkelmann. Das vorhandene Werkzeug kaufte mein Opa von Herrn Winkelmann zum Preis von 700 Goldmark ab. Nun war mein Opa Besitzer des Steinbruchs, in dem er bereits als Stößer gearbeitet hatte. Es war auch der Steinbruch, wo sein Vater Wilhelm Lütgehetmann senior als Sprengmeister einen Unfall hatte, wobei er erblindete. Seinerzeit war das Verständnis für Arbeitsschutz noch nicht so ausgeprägt wie heute. Es sind in dem Steinbruch mehrere, auch tödliche, Unfälle vorgekommen. Der letzte tödliche Unfall passierte 1939.
Die Arbeit im Steinbruch war schwer, gefährlich und außerdem gesundheitsschädlich. Nicht nur das Verarbeiten der Gesteinsbrocken durch den Steinmetz in gewünschte Platten und Steine, sondern auch das Spalten und Bohren der Steine wurde in Handarbeit erledigt.
Wilhelm Lütgehetmann junior machte im Jahre 1930 seinen Sprengschein. Daneben waren zeitweise bis zu 20 Arbeiter im Steinbruch beschäftigt. Die Steine aus dem Steinbruch „Loreley“ sind vielfach bei bekannten Bauwerken verwendet worden, so bei Autobahnbrücken, bei den Häusern gegenüber den Wittener Hauptbahnhof. Auch das Rathaus von Wuppertal-Elberfeld und Kasernen in Dortmund wurden aus den Steinen gebaut. Zahlreiche Grabmäler wurden hergestellt.
Ab 1939 ging die Zahl der Mitarbeiter zurück, es wurden viele Leute zum Militär einberufen. Auch gab es Probleme mit der Beschaffung von Sprengstoffen zum Sprengen. Der Grund war bekanntermaßen der Ausbruch des zweiten Weltkrieges. Im Jahre 1943 wurde auch mein Opa einberufen. Er musste den Betrieb im Steinbruch einstellen.
Im Jahre 1946 nahm mein Opa mit 3 Leuten den Betrieb im Steinbruch wieder auf. In der Zeit bis 1956 waren bis zu 10 Leute, je nach Auftragslage, beschäftigt.
Auf Grund eines Schenkungsvertrages wurde Frau Luise Lütgehetmann, die Frau meines Opas, 1955 Eigentümerin des Grundstückes auf dem sich der Steinbruch befindet. 1956 wurde der letzte Arbeiter entlassen. Mein Opa arbeitete jetzt nur noch mit seinen Sohn, meinen Vater Friedhelm Lütgehetmann, der schon seit 1955 mit im Betrieb arbeitete. Mein Vater hatte die Ausbildung zum Steinmetz mit Erfolg abgeschlossen. Es wurde auch ein Kompressor gekauft, der die Arbeit erleichterte. Ende 1956 wurde ein Geländestreifen zwecks Erweiterung der Herbeder Straße an das Land verkauft. Da auch Sprengungen durchgeführt werden mussten, kam es zu einem Streit mit einem Nachbarn, dessen. Haus sich oberhalb des Steinbruchs befindet. Er beschuldigte meinen Opa, dass durch die Sprengungen im Steinbruch sein Haus beschädigt werde. Der Nachbar erwirkte eine einstweilige Verfügung, die meinen Opa das Sprengen verbot. Es kam zum Prozess, der mit einem Vergleich endete. Die Angelegenheit dauerte mehrere Jahre.
Zu den nächsten Streitigkeiten kam es im April 1969 mit dem Bauordnungsamt der Stadt Witten. Die Schwierigkeiten fingen damit an, dass mein Opa Wilhelm Lütgehetmann den Auftrag bekam, das Abraummaterial (Schotter) für den Ausbau der nahen Bundesstasse B 51 zu liefern. Nach den ersten Lieferungen meldete sich das Bauordnungsamt. Es hatte festgestellt, dass umfangreiche Abgrabungen vorgenommen wurden. Da es sich um eine Fläche von mehr als 30 Quadratmetern und eine Höhe von mehr als 2 Metern handelte, waren die Maßnahmen anzeigepflichtig und unterlagen dem bauaufsichtlichen Prüfungsverfahren. Da keine Genehmigung vorlag, kam es zu einer Ordnungsverfügung. Es mussten die Arbeiten eingestellt werden. Wunschgemäß reichte Wilhelm Lütgehetmann den Abbauplan sowie den Lageplan des Steinbruchs am 08.05.1969 beim Bauordnungsamt ein. Am 28.05.1969 erteilte das Bauordnungsamt die gewünschte Erlaubnis. Diese besagte, dass das Abgraben von Abraum sowie der Abbau von Gesteinsmaterial erlaubt sind. Aber bei dem zugelassenen Abbau von Steinen sind Sprengungen verboten. Die Genehmigung hat heute noch Gültigkeit.
Wilhelm Lütgehetmann betrieb den Steinbruch noch bis 1973. Die Nachfrage nach Steinen ging stark zurück. Er arbeitete jetzt mehr als selbstständiger Sprengmeister. Mein Vater Friedhelm Lütgehetmann wechselte 1962 hauptsächlich in seinen Beruf als Steinmetz. 1971 machte er auch seinen Sprengschein. Danach wurde er Teilhaber in der Firma (Steinbruchbetrieb und Sprengungen). Wilhelm Lütgehetmann starb im Jahre 1986 im Alter von 79 Jahren. Die Firma ging somit komplett in den Besitz von Friedhelm über. Nachdem auch Luise Lütgehetmann, die Grundstückseigentümerin, im Jahre 1992 starb, erbte mein Vater das Grundstück. Die Nachfrage nach Bruchsteinen nahm wieder etwas zu. Mein Vater entschloss sich 1991 mit 56 Jahren wieder im Steinbruch zu arbeiten, zumeist in seiner Freizeit. Die Aufträge wurden immer mehr, und deshalb arbeitete auch ich, der Sohn, Uwe Lütgehetmann, von nun in meiner Freizeit im Steinbruch mit. Da mein Vater den Beruf des Steinmetzes gelernt hatte, zeigte er mir die Arbeit des Steinmetzes, so dass ich auch schnell selbständig im Steinbruch arbeiten konnte. Mein Vater erkrankte 1999 und konnte nicht mehr im Steinbruch arbeiten. Ich arbeitete ab jetzt ohne meinen Vater im Steinbruch. Am 14.08.2000 meldete ich das Gewerbe (Steinbruchbetrieb und Handel mit Natursteinen) auf meinen Namen an. Friedhelm Lütgehetmann, mein Vater, starb am 25.08.2000 mit 64 Jahren. Ich führe selbstverständlich den Steinbruch fort.